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Tiger im Anflug

Verantwortlicher Autor: Andi Schmidt München (D), 03.10.2018, 00:02 Uhr
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Tiger in Manching bei Ingolstadt (WTD 61)
Tiger in Manching bei Ingolstadt (WTD 61)  Bild: Andi Schmidt www.andi-schmidt-aviation.de

München (D) [ENA] Am 25. Juli 2018 übergab *Airbus Helicopters Deutschland* am Standort Donauwörth den letzten der insgesamt 68 Tiger an das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr. Dieses Amt untersteht dem Bundesministerium der Verteidigung.

Der Unterstützungshubschrauber (UH) Tiger ist ein multinationales Rüstungsprojekt der Nationen Frankreich, Spanien und Deutschland und dient nicht nur der Bekämpfung von Kampfpanzern sondern stellt auch die Unterstützung von luftbeweglichen Operationen und Bodentruppen, den Begleitschutz, den Konvoischutz, die bewaffnete Aufklärung sowie die Bekämpfung von Hochwertzielen sicher.

21.08.18 - Manching
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13 Jahre Flugbetrieb

Zwischen der Lieferung des ersten Tigers im Jahr 2005 und der Abnahme des nunmehr letzten von 68 Hubschraubern dieses Typs für die Bundeswehr liegen 13 Jahre, in denen sich die Anforderungen an das Fluggerät immer wieder geändert haben. Durch die Teilnahme der Bundeswehr an Auslandseinsätzen in Afghanistan und Mali waren Anpassungen an den Serienmodellen notwendig. Die volle Leistungs- und Flugfähigkeit bei über 40 Grad Außentemperatur sowie die starke Belastung der Triebwerke durch Sand standen nicht im Planungs- und Lastenheft beim Start des Rüstungsprojekt.

Begonnen hatte das Projekt *Tiger* im Jahr 1984 durch die Staaten Deutschland und Frankreich in Form eines Anforderungskatalog für einen modernen Mehrzweck-Kampfhubschrauber. Als Hersteller wurden die französische *Aerospatiale* und die deutsche *MBB* benannt. Hohe Entwicklungskosten bremsten das Projekt über Jahre. Der erste Prototyp flog im April 1991. In dem James-Bond-Film *GoldenEye* aus dem Jahre 1995 wurde der Prototyp #3 der breiten Öffentlichkeit gezeigt, nunmehr unter dem Herstellernamen *Eurocopter Group*.

Schwaches Interesse am Weltmarkt

Weitere Jahre mit diversen Tests und der beginnenden Pilotenausbildung folgten. Die französische Armee erhielt 2003 ihr erstes Modell in der Version *HAP* von seinerzeit ursprünglich 80 bestellten Einheiten und später (2015) zu 60 reduzierten Maschinen. Das damalige *Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung* kürzte ebenfalls die Stückzahlen von ursprünglich 80 zu aktuell nun 68 ausgelieferten Hubschraubern. *Eurocopter*, seit 2013 neuer Firmenname *Airbus Helicopters*, steht mit seinem intern *EC-665* genannten *Tiger* in direkter Konkurrenz zu der amerikanischen *AH-64 Apache* von Boeing.

Für den *Apache* entschied sich Großbritannien mit einem Großauftrag über 67 Einheiten dieses Kampfhubschraubers. Diesen herben Rückschlag für den europäischen Hersteller kompensierte eine Auftragserteilung seitens der australischen Regierung in Form eines Vertrages über 22 Maschinen in der Version *ARH* als Aufklärer. Spanien orderte 24 Hubschrauber in der Variante *HAD*, einer mit verschiedener Raketentypen bewaffneter Option.

26.04.18 - Berlin ILA
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Kompromiss in der Bewaffnung

Die verschiedenen Versionen des *Tiger* sind das Resultat an die Einsatzzwecke des Hubschraubers. Die deutsche Variante ist hauptsächlich in der Abwehr von vorrückenden Panzern ausgelegt. Dazu wurde ein *Ausspäh-Mast* über den Rotorkopf montiert. In der Deckung einer Waldlichtung wird das Gelände über diesen *Späher* gesichtet und kontrolliert. Über die Verwendung eines frei beweglichen Maschinengewehrs unterhalb der *Nase* des Hubschraubers wurde verzichtet. Nachteil: Der Hubschrauber muss vor Abfeuern seiner Munition in Zielrichtung gedreht werden.

An den in den Rumpf integrierten Flügel können verschiedene Waffensysteme wie Kanonen und Raketen sowie Ausrüstungen zum Selbstschutz angehängt werden. Zu 80 Prozent besteht der *Tiger* aus modernen und leichten Verbundwerkstoffen und speziellen Schaumstoffen. Dies ermöglicht ein kleines nahezu unsichtbares Erkennungsprofil für das feindliche Radar. Gegen elektromagnetische Impulse wurde in die Luftfahrzeugzelle ein Gitter aus Kupfer und Bronze eingearbeitet. Pilot und Waffenoffizier sitzen hintereinander in unterschiedlicher Höhe.

Probleme mit der Verkabelung und Elektronik

Die Komplexität des *Tiger* bezüglich modernster Technik und hochsensibler Elektronik der Ausstattungsteile führte wiederholt zu mehreren Ausfällen und Flugverboten. Defekte an der Verkabelung bedingt durch Scheuerstellen in den Kabelbäumen legten etliche *Tiger* lahm. Der Operateur bzw. Betreiber Australien beklagt aktuell die hohen Betriebskosten pro Einsatzstunde und erwägt den Austausch des *Tiger* in der Zukunft durch ein Konkurrenzmodell.

Die Bundeswehr erlitt einen Totalverlust von Besatzungscrew und Maschine bei einem Einsatzflug in Mali im Sommer 2017. Die fehlerhafte Einstellung des System *Autopilot* führte zu einem unkontrollierbaren Kippen des Hubschraubers nach vorne bei rund 250 km/h und einer Flughöhe von 500 Metern. Dabei wurden die Belastungsgrenzen des Hubschraubers deutlich überschritten und führten zum Abriss der Rotorblätter vom Rotorkopf. Bei weiteren Untersuchungen von *Tiger* Modellen konnte eine derartige Fehlfunktion nicht ermittelt werden.

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Ältere Maschinen werden nachgerüstet

Für die Bundeswehr wird der *Tiger* noch viele Jahre das Kernstück der Heeresfliegertruppe bilden. Oberst Ulrich Ott hob die besonders hervorragenden Flugeigenschaften hervor: *Er ist einfach klasse zu fliegen* so die Worte zur Feierstunde am 25.Juli 2018 in Donauwörth bei *Airbus Helicopters Deutschland* bei Abnahme des 68 Unterstützungshubschrauber (UH) des Typs *Tiger*. Angesicht der Fehler und Pannen und zeitlichen Verzögerung im Rückblick auf nun 13 Jahre Flugbetrieb ein klares, einfaches und verständliches Statement.

Technische Daten: Zwei-Mann-Besatzung Pilot und Bordschütze, Antriebsart: Zwei Wellentriebwerke von MTR/MTU/Turbomeca/Roll-Royce mit jeweils 986 KW bei 280 km/h Reisegeschwindigkeit und einer Dienstgipfelhöhe von knapp 4.000 Meter. Reichweite 800 km bei ca. drei Stunden Einsatzdauer, Leergewicht 3.300 kg und maximalle Startmasse sechs Tonnen. 13 Meter Hauptrotordurchmesser, Länge 15,80 m, Höhe 3,83 m ohne Aufbau Mastvisier. Die Rotorblätter können schnell zur Seite geklappt oder gänzlich demontiert werden. Der Transport des *Tiger* im Militärtransporter *Airbus A400M* ist möglich.

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